29 | Reportage wenn die Eltern sterben und die betreu- te Person selbst schon ein erwachsener Mensch ist, sich sein Leben quasi bei den Eltern eingerichtet hatte. Der Umzug be- deutet dann einen totalen Umbruch in der Lebenssituation. Das ist häufig nur sehr schwer aufzufangen.“ In der jungen Elterngeneration aber zeigt sich langsam ein Wandel. „Die jetzt noch jungen Eltern von Kindern mit einer Behin- derung gehen viel reflektierter an die Situ- ation heran. Sie fragen danach, was es für das eigene Lebenskonzept bedeutet, wenn dieKinderausderFamilieherauswachsen“, berichtet Günther Auer aus der Elternarbeit. „Mit unserem Konzept in der Trägerschaft von Wohneinrichtungen möchten wir die- sen Familien die Gewissheit geben, dass ihre Kinder einen Weg in die Selbstständig- keit gehen können“, erklärt Günther Auer. „Wir möchten unseren Bewohnern ein Leben in einer Wohn- gemeinschaft ermög- lichen, die sie trägt – im Idealfall für ein ganzes Leben.“ Der individuelle Hilfebedarf eines Menschen tritt mehr und mehr in den Fokus und mit darauf abgestimmten Wohn- und Betreu- ungskonzepten soll den Menschen mit Behinderung ein selbstständiges Leben ermöglicht werden. Dazu leistet die Emmy Schuster-Holzammer Stiftung einen großen Beitrag. „Die von der Emmy Schuster-Holz- ammer Stiftung finanzierten Gebäude und Wohnungen zeichnen sich dadurch aus, dass ihre Architektur den Anforderungen individueller Förderung in besonderer Weise Rechnung trägt. Die Lage der Einrichtungen sorgt dafür, dass die Menschen mit Behinderung nicht am ‚Rand der Gesellschaft‘ wohnen sondern ‚mittendrin‘ sind“, ergänzt Dieter Pfiffer. Immer mehr ältere Menschen leben heute in den Wohngruppen, das stellt neue Her- ausforderungen an das pädagogische und pflegerische Konzept. „Mittlerweile leben in unseren Wohngruppen eine ganze Reihe Senioren, die ihre Arbeitszeit in den Werk- stätten aus Altersgründen abgeschlossen haben. Ist für die jungen Leute der Tag durch die Berufstätigkeit strukturiert und ausgefüllt, müssen wir für die Senioren den Alltag neu organisieren. Und natürlich ergibt sich mit zunehmendem Alter ein erhöhter Pflegebedarf. Wir haben den Anspruch, unsere älteren Bewohner wirk- lich bis zuletzt zu begleiten, ihnen hier bis zuletzt ein Zuhause geben zu können. Bis jetzt ist uns das gut gelungen – dank des hohen Engagements unserer Mitarbeiter“, betont Günther Auer. Gleich welchen Alters die Bewohner in den Wohneinrichtungen sind, für Günther Auer und Dieter Pfiffer ist es das Ziel, der Individualität der Men- schen gerecht zu werden. Wohneinrich- tungen sind Lebensraum für Menschen mit Behinderung, in der sie in ihrer Indi- vidualität angenom- men werden, nach ihren Möglichkeiten selbstbestimmt leben können und geför- dert werden. Das persönliche Assistenz- betreuer-System soll diese Anstrengungen unterstützen. Günther Auer: „Dabei geht es nicht um ‚Sternstundenpädagogik’, die sich darauf beschränkt, dass der persön- liche Betreuer für einige Freizeithighlights sorgt. Vielmehr ist eine sehr hohe Kompe- tenz des Betreuers gefordert, sich auf den behinderten Menschen einzulassen, ihm auf Augenhöhe zu begegnen und ihm so ein echter persönlicher Ansprechpartner zu sein, der ihn auf dem Weg zu einem selbstbestimmten Leben unterstützt.“ 600 Arbeitsplätze in den Wendelstein Werkstätten Miteinander leben, Verschiedenheit anerkennen.